Antiquariat Jürgen Dinter

Browne, Thomas / G. W. Leibniz / Jean d'Espagnet / Henry More / Knorr von Rosenroth

Pseudodoxia epidemica, Das ist: Untersuchung derer Irrthümer … 1680

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Pseudodoxia epidemica, Das ist: Untersuchung derer Irrthümer, so bey dem gemeinen Mann und sonst hin und wieder im Schwange gehen … — Franckfurt und Leipzig, Christoff Riegel, 1680.

Erste Ausgabe

4to (200 x 162 mm). (4) Bl., 978 S., (11) Bl., das letzte weiß; 16 ganzseitige Kupfertafeln. Zeitgenössischer Pergamentband mit goldgeprägtem Rückenschild. Ein sehr schönes Exemplar. – Dünnhaupt 2380,16; Ravier, Leibniz 258.

¶ Thomas Browne’s Buch gehört zu den erfolgreichsten Philosophiebüchern des 17. Jahrhunderts. Bis 1672 erschienen 7 englische Ausgaben, bereits 1668 wurde eine Übersetzung ins Niederländische publiziert, 1680 folgte die vorliegende Übersetzung ins Deutsche, dann 1733, 1738, 1753 die ins Franzöische, ins Italienische 1737, 1743, 1754, ins Spanische 1774.

Eric Achermann hat in einer Analyse des Buches minutiös die Freiheiten beschrieben, die sich Knorr von Rosenroth bei der Übersetzung der erfolgreichen Pseudodoxia epidemica genommen hat.1

Die folgenden Texte hat Knorr von Rosenroth in seine Übersetzung eingebaut:

Jean d’Espanet (1564-1637), Enchiridion Physicae Restitutae (1623)

Gottfr. Wilh. Leibniz (1646-1716), Hypothesis physica nova (1671), Übersetzung des ersten Teils dieser Schrift

Henry More (1614-1687), Enchiridion Metaphysicum … (1679, daraus Kapitel VI-XVII ohne Kapitel X

Henry More, Mystery of Godliness (1660), drei Kapitel daraus

Antoine Le Grand (1625-1699), Historia naturae (1673) daraus ein mehrseitiges Kapitel 

Renè Descartes (1596-1650), Principia philosophiae, eine Kompilation daraus zur Theorie der Bewegung.

Diese Einschübe in den Text Brownes machen mehr als 40% des Gesamtumfanges aus. Dazu kommen nicht zuletzt Knorrs eigene Anmerkugen und Zusätze, die nach Achermanns Angaben immerhin etwa 33 vollbedruckte Seiten ergeben.

Achermann weist u. a. auf den „gewichtigen Beitrag Knorrs zur Entwicklung der philosophischen Fachterminologie des Deutschen“ hin (S. 209, Anm.), seiner Übersetzung „geht die elitäre und esoterische Geste der englischen Vorlage vollkommen ab. Die sprachliche Fertigkeit, die Knorr bei der Popularisierung an den Tag legt, ist durchaus beeindruckend.“ (211) Er zitiert dazu aus einem Aufsatz von Philip Brady, der Knorrs Übersetzung der oft enigmatischen Wendungen Brownes eine „exercise in tactful explanation“ nennt.

Zusammenfassend schreibt Achermann: „… die Eigentümlichkeit der Knorrschen Übersetzung besteht darin, durch Anordnung von Übersetzungen einen neuen Text zu schaffen und dies in Anlehnung an den Hypertext der Descart’schen Principia. Knorr präsentiert den Lesern so – unter Verwendung Descartes’ – seinen Anti-Descartes.“

1(Ordnung im Wirbel. Knorr von Rosenroth als Kompilator und Übersetzer von Thomas Browne … in: Morgen-Glantz. Zeitschrift der Christian Knorr von Rosenroth-Gesellschaft, 13/2003, S. 205-282, Bern, Lang, 2003).